Diesen Effekt sieht man in vielen Businessplänen:
nach einer kurzen Abwärtsphase ist ein langer, kräftiger Aufschwung
geplant – hinsichtlich Liquidität, Umsatz, Gewinn, Personalstand, Marge etc. - eine typische Hockeystick-Kurve
Die Erfahrung lehrt, dass hier größte Vorsicht angebracht ist. Die Planung für die nahe Zukunft basiert meist auf konkreten Daten, negative Effekte sind bekannt und verarbeitet. Für die fernere Zukunft werden jedoch optimistische Erwartungen unterstellt oder sogar Ziele („Wir steigern den Umsatz um 10 %“) anstelle einer Planung eingesetzt. Jeder Planer, jede Planerin, jede Verantwortliche und jeder Banker muss ganz genau die Prämissen dieser Hockeystick-Planung hinterfragen. Wie realistisch sind die Annahmen für den Aufschwung? Sind prognostizierter Umsatz, Ergebnis etc. schon mit Verträgen und Maßnahmen hinterlegt? Gibt es Erfahrungswerte aus der Vergangenheit, die z.B. eine Saisonalität belegen?
Häufig ist der Rückgang nicht einmal wirklich geplant, sondern der Businessplan wird kurzfristig angepasst, wenn sich die negative Entwicklung nicht mehr leugnen lässt. Die Zielgrößen zum Ende der Planungsperiode bleiben unverändert und sollen durch eine besonders optimistische Planung für den verbleibenden Zeitraums erreicht werden.
Ein Beispiel aus der Beraterwirklichkeit soll das verdeutlichen: Für das Gesamtjahr war ein gleichmäßiger Umsatzzuwachs von beispielsweise 5 % geplant. Im ersten Quartal kam es allerdings zu einem unerwarteten Einbruch bei Umsatz und Gewinn. Doch weil die Hoffnung zuletzt stirbt, will niemand der Wahrheit ins Auge sehen. Nun werden viele Argumente gesucht, die „beweisen“, dass die Erholung im Rest des Jahres den Verlust aus dem 1. Quartal kompensieren wird: es handelt sich um Saisonalitäten, der Dollar war kurzzeitig zu schwach/zu stark, es gab Sondereffekte beim Kunden etc. Alles Dinge, die Teil des „normalen“ Geschäftslebens sind. Ein vorsichtiger Kaufmann hätte für diese sog. Contingencies einen Puffer in die Planung eingebaut.
Je kritischer jedoch die Geschäftssituation ist, umso weniger Puffer finden sich in der Planung und umso optimistischer sind die Annahmen.
Es liegt in der menschlichen Natur, eigene Fehleinschätzungen möglichst lange nicht zu zuzugeben, nicht mal vor sich selbst. Der Spieler hofft immer auf den Gewinn, der „sicher kommt“, der Kranke auf die Genesung; dem Aktionär fällt es schwer, verlustreiche Aktien zu verkaufen.
Noch lange bevor sich Planabweichungen in den Ergebniszahlen zeigen, werden sie auf dem Bankkonto sichtbar. Die Alarmglocken müssen läuten bei steigender durchschnittlicher Inanspruchnahme der Linie oder höherer Spitzeninanspruchnahme bzw. bei sinkende Guthabenstände.
Hören Sie in dieser Situation auf warnende Stimmen. „Don’t kill the messenger“. Lassen Sie ehrliches Feedback aus allen Bereichen zu.
- Was passiert auf der Vertriebsseite?
- Schauen Sie auf die Entwicklung des Lagers.
- Was läuft auf der Kostenseite schief?
- Sind das alles tatsächlich nur temporäre Probleme?
- Starten Sie mit Maßnahmen zur Ernte der low-hanging-fruits und analysieren Sie gleichzeitig Ihre Planungsprämissen.
„Die Hoffnung ist der Tod des Kaufmanns“
Und was geschieht, wenn sich die Hoffnung auf Erholung nicht erfüllt?
Der aktuellen negativen Entwicklung wird wahrscheinlich in den folgenden revidierten Planungen Rechnung getragen, aber
die Zukunft bleibt unverändert positiv geplant, auch wenn das Delta zur ursprünglichen Planung immer größer wird und sich die Erholung von Mal zu Mal weiter in die Zukunft verschiebt.
So beginnen bestandsgefährdende Krisen!
FAZIT:
Wann immer Ihnen eine Hockeystick-Planung begegnet, sind Sie als verantwortlicher Manager in einer ganz besonderen Verantwortung.
Wechseln Sie die Perspektive, betrachten Sie den Businessplan gleichsam von außen als Dritter, prüfen Sie kritisch die Prämissen, planen Sie Puffer ein.
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